Demokratie – ist das, was Diez meint, eine Art Diez-Demokratie? http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/demokratie-wuerde-ist-kein-beauty-contest-kolumne-a-1090236.html
Georg Diez hat recht: Wir müssen darüber diskutieren, was Menschenwürde ist.
Vor allem muss man das jedoch vor dem Hintergrund diskutieren: Wie kann man Menschenwürde schützen, wenn sie realistisch gesehen nicht geschützt werden kann? Beispiel: Wenn innerhalb vieler Jahre hintereinander mehrere Millionen Menschen aus islamischen Staaten zu uns kommen würden: Wie würde Würde des Menschen geschützt werden können? Einmal was die unwürdigen Unterbringungen betrifft, die nicht tragbar wären. Dann auch, was die Umwälzung unseres demokratischen Systems bedeuten würde, weil sehr viele Menschen auf einmal kämen, die mit Demokratie gar nichts, aber auch rein gar nichts am Hut haben. Damit würde das, was wir unter Würde verstehen, langsam aber sicher verändert werden.
Das ist, finde ich, die spannende Frage: Wie sollen wir in diesen Fällen (im Dilemma) über das Thema Würde diskutieren. Und das vor allem darum, weil zurzeit die Infragestellung der Würde nur bekämpft werden kann, indem man zeitweise eine Zurückstellung der Würde ausübt (Sperren der Grenzen, Rückführungen). Rein Theoretisch ein Unding, schlimm – aber was will man machen?
Hat Herr Diez einen Ausweg? Ich sehe die Gefährdung der Demokratie nicht in der innerländlichen Diskussion zwischen Rechten, Linken, Traditionalisten, Liberalen, zwischen Diezens usw. – das wird sich alles argumentativ regeln, wenn die Situation entspannt ist und die Fehler der Politik endlich aufhören (die ich nicht wieder nennen muss).
Die Unterstellung, dass es angegriffenen Personen um die Installation eines klerikalfaschistischen Ständestaates geht, ist absurd. Das hätte keine Chance und ist, soweit ich die Angeklagten wahrnehme, auch nicht in ihrem Interesse. Das ist rein deklassierende Formulierung, die in Auseinandersetzungen um den politischen Weg vermieden werden sollen. (Auch seine letzten Sätze – sollen das Drohungen sein?)
Übrigens: Wenn wir über Menschenwürde in unserer Gesellschaft diskutieren, dann sollten wir auch die Würde der Ungeborenen mit einbeziehen, die Würde der (auch ungeborenen) Behinderten, die Würde der Komapatienten, … Würde gilt nicht allein den Flüchtlingen… Vielleicht sollte Diez die Diskussion um das Thema „Würde“ wahrnehmen. Sie ist nicht mehr christlich festgelegt – sie wird diskutiert. (Ich erinnere nicht nur an Singer.)
Ich muss meine Unwissenheit eingestehen. Meint Diez mit 458 vor Christus Perikles? Meint er die Orestie des Aischylos – aber da war es eine Göttin, die die Rettung hin zum Recht brachte. Das kann ihm sicher nicht schmecken. Oder meint er die Konstituierung der Tora als persisches Reichsrecht für Juda möglicherweise um 458? Die Bestallung von Lucius Quinctius Cincinnatus zum Alleinherrscher in Rom, damit Rom geschützt werde, wird er sicher nicht meinen.
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Das mag pingelig klingen, aber man muss zwischen Muslimen und Islam unterscheiden. Natürlich gehören inzwischen Muslime zu Deutschland, wie Hindus und Buddhisten und Bahais und… zu Deutschland gehören. Die Frage ist: Gehört der Islam zu Deutschland? So lange der Islam nicht im Sinne des Grundgesetzes definiert ist, so lange gehört er nicht zu Deutschland. Wenn Muslime nicht in der Lage sind, den Islam hermeneutisch/exegetisch neu zu orientieren, reformieren, gehört er nicht zu Deutschland. Die Scharia (auch wenn viele Muslime sagen, dass es sie nicht gibt, aber dann doch sagen, dass sie eingeführt werden solle) – solange sie nicht klar ist und sich an den in Deutschland üblichen Menschenrechten hin ausrichtet, ebenso der Koran und die Ahadith, sind Islam wie Scharia kein Teil Deutschlands. Muslime sind Teil Deutschlands – aber ein unreformierter Islam ist es nicht. Er hat weder unsere Kultur geprägt, auch wenn manche sagen, er habe den Alkohol erfunden 😉 noch ist es wünschenswert, dass er in seiner vorliegenden sunnitischen und schiitischen und wahhabitischen Interpretation Teil Deutschlands wird. Noch einmal wiederholt: Muslime sind Teil Deutschlands, weil sie hier leben. Natürlich kann der Islam zu einem Teil Deutschlands werden – und zwar dann, wenn der Islam unseren Werten angepasst wird – oder, was kaum einer wünschen dürften, wenn seine Weltanschauung und somit sein Rechts- und Gesellschaftssystem sich in unserem land durchsetzen.
Weil ich die Hindus erwähnt habe: Hindus sind Teil Deutschlands – aber der Hinduismus mit seiner Weltanschauung und seinem Gesellschaftssystem ist kein Teil Deutschlands.
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Jetzt will die türkische Regierung auch noch unserem Parlament sagen, was es für Aufgaben hat und was nicht: http://www.deutschlandfunk.de/tuerkei-botschafter-warnt-bundestag-vor-armenien-resolution.447.de.html?drn%3Anews_id=609044 Seit einem Jahr sind sie mit dem Versuch dabei, unser Parlament zu beeinflussen: http://www.focus.de/politik/ausland/umstrittener-armenien-beschluss-kein-voelkermord-davutoglu-beschwert-sich-bei-merkel_id_4632141.html Auch mit frecher Beleidigung des Papstes.
Schon ein paar Tage her – aber interessant ist immer: Wer organisiert welche Veranstaltung und wer genehmigt sie. http://www.ksta.de/koeln/nach-protest-bei-erdogan-diskussion-polizei-schmeisst-30-kurden-aus-der-koelner-uni-23981534
Die Erdogans versuchen, auch das Parlament zu beeinflussen – den Wählerwillen zu unterlaufen – die Stimmen der Kurden zählen wohl nichts. Warum auch. Wer Kurden bombardiert, der denkt sich: Was sind dann schon deren Stimmen… http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-abgeordnete-pruegeln-sich-im-parlament-a-1090469.html
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