Christen verändern die Welt (12): Mitmenschlichkeit

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Mangalwadi (Das Buch der Mitte) schreibt im 3. Teil über Mitmenschlichkeit, Vernunft und Technik als Frucht der Bibel.

Im 5. Kapitel geht es um Mitmenschlichkeit. Zunächst beschreibt er, dass der Islam vor 1000 Jahren Europa überflügelt habe, doch inzwischen übersetzen die Spanier mehr Bücher im Jahr, als die gesamten Araber in den letzten Tausend Jahren, die 5 Millionen Finnen exportieren (außer Öl) mehr Güter als 165 Millionen Menschen der arabischen Welt. Woher kommt das? Nicht von den Humanisten der Renaissance, das ist ein Mythos. Das Wesentliche, dass jeder Mensch von Natur aus gleiche Würde hat, hat seinen Ursprung in der Bibel. Und das hat Europa geprägt.

Was Indien betrifft stellt er am Tod eines kleinen Mädchens dar, was das bedeutet: Jeder Mensch hat Würde. Seine Frau entdeckte in einem Haus ein sterbendes Mädchen. Sie überredete mit viel Eifer die Eltern, das Mädchen ins Krankenhaus zu bringen. Es wurde gerettet und dann von M.´s Familie übernommen. Dann kamen die Eltern und wollten es wiederhaben. Und wieder vernachlässigten sie es, es kam wieder ins Krankenhaus, wieder zu den Eltern – und dort starb das Mädchen Sheela. Die fatalistische Religion des Hinduismus, die weder Mädchen achtet noch versucht, das Schicksal zu überwinden, die nicht versucht, die Armut zu überwinden und die Krankheiten, ist dafür verantwortlich. Individualität ist Illusion, die Seele als Teil des Göttlichen (Brahman) bleibt am Leben und reinkarniert. Das heißt: Der Mensch selbst ist nichts Wert. Will man die westliche Welt verstehen, ist die Verknüpfung der Erkenntnis Gottes mit der Erkenntnis des Menschen entscheidend. Moderne Hindus sind dafür, dass man gegen das Schicksal ankämpfen muss – aber dazu benötigt man ihrer Meinung nach nicht die Bibel, sondern den gesunden Menschenverstand. Doch “gesunder Menschenverstand” wird in in Indien wie im alten Rom anders interpretiert. Dort gehört zum gesunden Menschenverstand, Kinder zu töten, Frauen zu erniedrigen. Das änderte sich alles erst durch das Erstarken der Bibel, die den Mesnchenverstand geformt hat.

Im Mittelalter war Europa christianisiert. Doch die Menschen standen unter dem Eindruck des Schicksals, wie die Inder. Platonismus hatte die Theologie im Griff. Die Bibel hatte kaum mehr ein Wort mitzureden. Die Franziskaner lehnten den Platonismus ab und darum konnte man in der Renaissance die Würde des Menschen in der alten Bibel wiederentdecken. Darin gingen sie über die klassische griechische und römische Literatur hinaus, indem sie Augustinus und Lactantius, die großen christlichen Denker des 5. Jahrhunderts aufgegriffen haben.

Im Mittelalter selbst haben Platon und Aristoteles die Christen vom wahren Christsein abgehalten. Christen haben die Bedeutung der Bibel nicht erkannt, weil sie diese aus platonischer Sicht und aristotelischer Sicht gelesen haben. Und weil die Kirchenoberen Platoniker bzw. Aristoteliker waren, haben sie alle Andersdenkenden kleingehalten.

Was hat es mit Platon auf sich? Platon sagte, dass der Mensch die Wirklichkeit gar nicht erkennen könne. Das, was der Mensch sieht, wahrnimmt, ist im Grunde nur der Schatten des Wahren, der Schatten der Idee. Es gibt viele Bäume, alle sind unterschiedlich. Doch warum nennt man Bäume Baum, obwohl sie so unterschiedlich sind? Weil die Idee Baum dahintersteht. Und die Idee von allem, kann nur der Philosoph erkennen. Und wer sich um die Idee hinter allem kümmert, kann die Wirklichkeit nicht so wahrnehmen wie sie ist und entsprechend würdigen. Aristoteles hat einen etwas anderen Ansatz. Er ist Logiker. Man kann alles logisch erfassen. Man nimmt vieles wahr, versucht es logisch zu erschließen – aber diese logische Erschließung ist wichtiger als das Untersuchen der Dinge selbst. Die induktive Methode, dass man das logisch Erschlossene mit Hilfe der Wirklichkeit überprüft, das kam dann erst im Mittelalter, durch Mönche auf. Aber diese Mönche wurden wie andere auch, die der induktiven Methode folgten, verfolgt, klein gehalten – eben von der Kirche und den Wissenschaftlern der damaligen Zeit, weil sie unter dem Einfluss Platons bzw. des Aristoteles standen. Immer wieder musste sich die Bibel im Laufe der Kirchengeschichte durchsetzen. Erst als sie auf breiter Linie mit dem Protestantismus Bedeutung erlangte, konnten sich Wissenschaft und Technik wirklich entfalten.

Die großen Denker, die zuerst das Thema der Würde aufgegriffen haben, waren Petrarca (14. Jh), Salutati (14. Jh.), Lorenzo Valla (15. Jh.), Pico della Mirandola (15. Jh.). Sie alle standen auf der Schulter von Augustinus: Der Mensch ist nicht nur Teil des Universums, sondern von Gott dazu geschaffen worden, seine Liebe, seine Vernunft, seine Gerechtigkeit nachzuahmen (111). Muslime hatten auch große Denker – aber sie haben die Würde des Menschen nicht gedacht, sondern erst Christen wurden dazu von der Bibel herausgefordert, weil der deutlichste Beleg für die Menschenwürde die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus gewesen ist. Jesus wurde Mensch, damit Menschen Kinder Gottes werden. Muslimische Gelehrte fragten stattdessen: Hätte Gott auch Hund werden können? Womit sie den Menschen auf die Stufe von Tieren stellten. Mit der Ablehnung der Menschwerdung Gottes haben sie dem Handeln Gottes Grenzen gesetzt, wie auch die Griechen Gott in ihr eigenes Denken eingegrenzt haben. Gott lässt sich von unserer Logik nicht begrenzen, darum müssen Christen auch immer wieder die Grenzen der Logik sprengen. Und weil der Islam die Würde nicht schätzte, konnten er das Potential, das in den Menschen liegt, nicht entfalten lassen, Muslime waren gefangen, man versagte ihnen Rechte und Freiheiten. Darum konnte der Westen den Islam überrunden.

In dieser christlichen Tradition stand auch die Frau von M., als sie der kleinen Sheela helfen wollte. Die Eltern konnten das nicht akzeptieren, weil 3000 Jahre Hinduismus, 2600 Jahre Buddhismus, 1000 Jahre Islam sie im Griff hatten. (115)

Der moderne Säkularismus von Shelley, Nietzsche, Marx, Freud haben die geisteswissenschaftliche Wurzel der Würde nicht beachtet, sondern haben nur auf die korrupte Kirche geschaut. Die faschistischen Mythen von Nietzsche und Marx waren für den Mord an 100 Millionen Menschen verantwortlich. Und auch andere Strömungen der Moderne verachten den Menschen: “Eine Ratte ist ein Schwein ist ein Hund ist ein Junge” (Ingrid Newkirk, Tierschützerin), auch Marxisten bekämpften den Individualismus, die Würde des Einzelnen. Post Marxisten wie Roland Barthes, Michel Foucault, Jacques Derrida wissen zwar, dass jeder einmalig ist, aber Individualität ist für sie ein künstliches Konstrukt. Und so hat der Kopenhagener Zoo im Sinne dieser Weltanschauung Menschen wie Tiere ausgestellt. Allerdings haben diese ihre Klimaanlage selbst eingestellt, e-Mails geschrieben und dann ihr Recht auf Freiheit eingeklagt. Darum durften sie manchmal ihren Käfig verlassen. Zudem haben sie ihr Intimverhalten den Augen der Öffentlichkeit entzogen. Das Experiment wurde letztendlich als Verletzung der Menschenwürde angesehen.

(Im nächsten Kapitel geht es um die Vernunft.)

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