Es soll keine Leitkultur mehr geben, sondern nur noch eine staatliche Leitstruktur, so Heinz Theisen: http://www.tagesspiegel.de/politik/islam-und-islamismus-innerhalb-der-westlichen-demokratien-kann-es-keine-leitkultur-mehr-geben/11755982-3.html
Was soll das heißen? Gibt der Staat nun die Werte vor? Wenn der Staat die Werte vorgibt, dann haben wir eine Diktatur.
Die Werte, die der Staat vertritt, sind Ergebnis unserer Kultur. Dazu gehören bekanntlich viele Strömungen: Judentum, Christentum, Aufklärung, griechische, römische und germanische Traditionen und zuletzt liefen all diese in die Aufklärung ein – und allesamt bilden nun die Grundlage unserer Kultur.
Von daher ist dieser Ansatz keine Problemlösung, sondern er liefert Probleme. Er möchte sozusagen das Ergebnis bisheriger Traditionen, die in den Gesetzen ihren Zugang fanden, einfrieren und als staatliche Leitstruktur vorgeben. Das macht keinen Sinn, ist unrealistisch.
Darüber hinaus soll die staatliche Leitstruktur die Leitkulturen umfassen. Was heißt das nun konkret? Dass die islamische Tradition – die islamische Leitkultur – in unserem Staat gleichberechtigten Zugang bekommen soll? Das geht nicht, es sind zwei vollkommen unterschiedliche Systeme: Hier gibt die Ummah vor, was das Individuum zu tun hat – in unserer Kultur muss die Gemeinschaft auf das Individuum Rücksicht nehmen, das Individuum bestimmt (natürlich nur grob gesagt). Und damit hängen zahlreiche Konkretionen zusammen, die einander widersprechen.
Nun mag man sagen, dass sich die islamische Leitkultur der staatlichen Leitstruktur anpassen muss. Das funktioniert nicht, so lange der weltweit mehrheitlich vertretene Islam nicht seine Grundsätze ändert. Und was es mit einem Euro-Islam auf sich haben wird – in dem die Vorzeichen geändert werden (Individuum vor Ummah usw.) – das wissen wir noch nicht.
Im Grunde wurde von Theisen die staatliche Leitstruktur zur Leitkultur gemacht. Was ist damit gewonnen? Nichts. Im Gegenteil: Das ist gefährlich.
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