Im Wesentlichen war man einige Jahrhunderte lang der Meinung, man müsste aus ethischen Gründen mit der Hölle drohen – weil man daran glaubte: Wehe, man kommt hinein in die Pein, wenn du nicht dies und jenes tust. Man kann nicht leugnen: Die Hölle hat zu unserem hohen ethischen Standard wahrscheinlich weit mehr beigetragen als alle Tugendlehre.
Dann kam die Hölle in Verruf. Klar. Ihre Ausmalungen, die im Grunde Folter beschrieben, zehrten doch sehr an den Nerven der christlich sozialisierten Menschen, die Jesu Liebe bewunderten, seine Freiheit. Man wandte sich allgemein von der Hölle ab – und bereitete im 20. Jahrhundert den Menschen das Leben zur Hölle. Nun, vorher schon auch, denn die Höllenbilder spiegelten an Folter das wieder, was Menschen erlebt hatten. Die Hölle, die der Satan bereitete, die holte sich der Mensch seit Menschengedenken auf die Erde. Und wohin wünschen wir all diese Höllen-Menschen? Zu Gott in den Himmel? Darüber denken unsere lieben Zeitgenossen nicht so besonders viel nach, sondern sind eher empört, wenn sie hören, dass sie von Gott nichts halten, aber in die Hölle kommen sollen. Skandal! Das finden wir frommen Christen freilich auch, weil wir so voller Liebe für alle Menschen sind. Wir meinen nämlich, dass wir mehr Liebe zu den Menschen haben als Gott. Und vor allem natürlich auch für uns selbst voller Liebe sind, denn Jesus hat ja gerade auch uns gesagt, die wir ihn Herr, Herr nennen, aber seinen Willen nicht tun: Ich kenne euch nicht.
Nun darf man freilich den Höllengedanken nicht vollkommen verwerfen. Wenn er als Gottesferne definiert wird, dann ist er ein notwendiger Teil des Freiheitsgedankens. Gott akzeptiert es, wenn der Mensch sich von ihm abwendet – er zwingt ihn nicht in seine Nähe – das heißt der Mensch, der sich die Gottesferne gewählt hat, bleibt eben ewig in der Gottesferne. Und Gottesferne bedeutet eben: Das Leben ist äußerst unangenehm… Der Mensch, der Gottes Nähe sucht, bleibt ewig in Gottes Nähe, landläufig als Himmel bezeichnet.
Eine Theologie, die nicht bereit ist, Gottesferne zu denken und zu akzeptieren, die hat Schwierigkeiten mit Freiheit. Gott ist kein Ideologe, der andere zu ihrem Glück zwingen will – auch nicht aus Liebe. Weder in diesem, noch in jenem Leben. Doch haben wir als Christen noch einen Ausweg, den Paulus weist:
Am Ende der Zeiten, wenn Gott kommen wird, dann werden alle Menschen sehen: Wow, Gott, es gibt dich ja wirklich! Und damit erkennen wir Gott an und suchen seine Nähe und er nimmt uns auf. Auch die, die meinten, mit dem irdischen Leben wäre alles aus, erleben diesen Wow-Effekt. Mit diesem Gedanken ist die Freiheit des Menschen bewahrt, auch die Freiheit dessen, der doch eigentlich lieber in Gottesferne leben wollte – und nun einfach nicht mehr anders kann.
Wobei: Ich bin mir nicht so sicher, wenn ich manche Ideologen ansehe, die wider Augenschein an ihrer Weltanschauung festhalten – sicher auch in Ewigkeit verstockt und bockig sind. Gott hat sicher diese harten Nüsse auch schon mit Liebe geknackt.
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