Josef Bordat schreibt über das Buch des neurowissenschaftlers Nitsch:
Wenn, wie Nitsch betont, von Neurobiologen „nur noch ein emergenter Zusammenhang zwischen Gehirnzuständen und Bewusstseinsphänomenen angenommen wird“, muss ihnen freilich alles, was an Bewusstseinsphänomenen wirklich ist, das sein, was an Gehirnzuständen aufgewiesen werden kann; philosophische Einwände, die diesen „emergenten Zusammenhang“ nicht unterstellen, sind apriori ausgeschlossen, und zwar nicht nur in den Neurowissenschaften selbst, sondern auch im rezipierenden Diskurs, wenn der Diskurs unter dem Eindruck stattfindet, der spezielle Zugang der Neurowissenschaften machte alle anderen Zugänge obsolet.
Das scheint ein interessantes Buch zu sein: Robert Nitsch: Gehirn, Geist und Bedeutung. Zur Stellung der Neurowissenschaften in der Leib-Seele-Diskussion, 2012.
Und so ist das nicht selten: Jemand gibt die Regeln des Verstehens vor – und allen, die nicht bereit sind, diesen Regeln zu folgen, denen wird Unwissenheit usw. vorgeworfen. Dass aber gerade damit Wissenschaft ad absurdum geführt wird, ist nur denen deutlich, die kein verengtes Bild von Wissenschaft haben. Natürlich unterliegt die Wissenschaft Regeln, unterliegt die Erforschung von etwas Regeln. Und diese Regeln dürfen nicht von dem jeweiligen Individuum missachtet werden. Aber diese Regeln müssen immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden und es ist ein wissenschaftliches Unding, wenn ein Gruppe autoritär auf ihre Regeln beharrt. Denn auch diese Regeln sind nicht voraussetzungslos, zeitbedingt, usw. Vor allem wenn diese Gruppe ebenfalls einer philosophischen Richtung folgt – das allerdings nur nicht weiß, weil sie sich zu sehr auf die Erforschung des Hirns beschränkt. Auch ein Wissenschaftler ist Mensch – somit eingebunden in beschränkte Weltinterpretation.
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Das ist doch schön, dass man endlich das lesen kann, was schon lange vermutet wurde, aber wohl nicht Konsens ist – noch nicht:
„Seriöse Leute haben schon lange gesagt, dass natürliche Variabilität beim Meereisrückgang eine Rolle spielt“
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/arktis-schuld-am-eis-schwund-ist-nicht-nur-der-mensch-a-1138311.html Das bedeutet freilich, dass alles, wie es im Artikel heißt, dadurch komplizierter wird, dass man nicht sagen kann, der Mensch allein ist daran Schuld.
Aber Angst vor Komplexität ist keine, die einen guten Wissenschaftler abschreckt – nur die Vereinfacher und Propagandisten.
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