Mir wurde noch eine Frage nachträglich gestellt, auch auf sie will ich eingehen:
Zunächst möchte ich Sie zum Thema auf Auszüge aus Texten meiner Seite www.evangelische-religion.de hinweisen:
1.
Mit den so genannten Kreuzzügen handelte es sich um militärische Reaktionen auf islamische Angriffe gegen das christliche Byzanz. Die Grenzen des Reiches sollten entlastet werden, indem sich die Kämpfe auf das Heilige Land konzentrierten. Darüber hinaus kamen die Aufrufe, in den Kampf zu ziehen, sicherlich auch innenpolitisch gelegen, weil Mitteleuropa auf diese Weise junge Männer loswerden konnte, die Sicherheitsrisiken boten: Bandenbildung, Raubzüge… Diese militärischen Aktionen waren größtenteils kaum sorgfältig geplant, sondern Aktionen, die von emotionalisierten Menschen durchgeführt wurden – auch zum Nachteil vieler Mitteleuropäer: Heere plünderten auf dem Weg nach Palästina ganze Regionen, es fanden Überfälle auf Dörfer und Städte statt – auch Pogrome gegen Juden. Diese Art „Kriegführung“ war etwas typisch Mitteleuropäisches. Nicht ausgebildete Heere führten weitgehend Kriege, sondern – wie man es den alten Germanen nachsagte – Banden kampfesfreudiger Menschen.
Diesen Text habe ich meiner Seite: http://evangelische-religion.de/kreuzzuege-2.html entnommen. Dort wurden auch Daten zusammengestellt: Daten muslimischer Angriffe und die Daten der jeweiligen Kreuzzüge.
2.
Die Frage stellt sich: Dürfen sich Christen gegen Feinde wehren? Als Individuum muss man das Feindesliebegebot Jesu beachten. Und so haben sich ja auch zu allen Zeiten hindurch Christen eher umbringen lassen als selbst andere – auch in Verteidigung – zu töten. Gilt das aber auch dann, wenn Christen als Gruppe angegriffen werden? Darf einer als kräftiger Mensch zulassen, dass alle Menschen seiner Gruppe einfach so getötet, versklavt, misshandelt werden – auch dann, wenn ein gemeinsamer Kampf das verhindern könnte? Gebietet es nicht gerade die Liebe, sich den Gewalttätern entgegenzustellen – mit Gewalt? (Heute stellt sich die Frage für Christen zum Beispiel in Nigeria.) Parallel zu den oben genannten Überlegungen gibt es immer auch eine pazifistische Strömung, das heißt: Kriege sind – wie jegliche Gewalt – mit Berufung auf Jesus abzulehnen. Hier sind vor allem die Quäker hervorzuheben, weil sie diese Sichtweise über Jahrhunderte überwiegend vertreten und gelebt haben. Aus der letztgenannten Sicht sind die Kreuzzüge vollständig abzulehnen. Von den zuvor genannten Sichtweisen her gesehen, können sie ansatzweise legitimiert werden – denn es ging realpolitisch gesehen, um die Verteidigung von Byzanz gegen die massiven islamischen Expansionen (selbst Italien und die Stadt Rom waren immer wieder angegriffen worden). Dass dann innerhalb der Kampfhandlungen Grausamkeiten verübt wurden, das ist aus der Sicht all der oben genannten Menschen nicht zu rechtfertigen. Denn es geht ihnen allen um Frieden, Recht, Ordnung – Angemessenheit der Mittel. (Heute: Können Massenvernichtungsmittel jemals angemessen sein? – Als Abschreckung? Wenn andere sie haben?) Da bricht sich doch der Mensch als Sünder immer wieder Bahn – selbst in den modernen Heeren, trotz Genfer Konvention usw.
Das habe ich meiner Seite: http://evangelische-religion.de/d-kirche-gewalt-2.html entnommen.
Hinzufügen möchte ich noch: http://evangelische-religion.de/d-irrwege-abwege-2.html
3.
Noch ein paar Anmerkungen, über meine Seiten hinaus:
Heute wird auf die Kreuzzüge häufig darum hingewiesen, um zu sagen, dass die Islamisten durch die Kreuzzüge hervorgerufen wurden: Muslime würden auf die Schmach, die ihnen damals zugefügt wurden, durch Fanatisierung reagieren. Das bedeutet, dass die Kirche Schuld an der Fanatisierung mancher Muslime sei. Diese Aussage entbehrt jeglicher Grundlage. Zwar haben Muslimbrüder (Ägypten) die Kreuzzüge als Argument verwendet, aber sie wurde zuerst von Historikern im Westen formuliert. Zudem darf man nicht vergessen, dass der muslimische Expansionsdrang (der vordere Orient war stark von Juden und Christen durchdrungen, bis er von Muslimen überrannt wurde, die Eroberungen gingen bis ins hinduistisch / buddhistische Pakistan / Indien, ganz Nordafrika wurde erobert) von Anfang an da war und die Versuche des Westens, diesen zu stoppen erst später hinzukamen. Israel / Jerusalem war christlich bzw. heidnisch, bis Muslime es im Krieg eingenommen hatten. Im Westen kamen islamische Heere bis nach Spanien/Frankreich und wurden im 8. Jahrhundert nach Christus von Karl Martell zum Halten gebracht. Im Osten und Süden rannten sie gegen Byzanz an, konnten allerdings dann trotz der Abwehrkriege im 15. Jahrhundert Konstantinopel / Istanbul erobern, kamen dann bis vor Wien und wurden zuletzt im 18. Jahrhundert im 6. Türkenkrieg zurückgeschlagen. Die Griechen haben sich erst 1830 von der osmanischen Oberherrschaft befreien können. Zudem fanden die Kreuzzüge vor Jahrhunderten statt – da muss man schon sehr nachtragend sein, wenn man das als Grundlage jetziger Gewalttaten nimmt.
Es wird auch berichtet, dass die Kreuzzüge besonders brutal gewesen sein, die Pferde wateten bis zu den Bäuchen durch Blut. Das wird zwar so beschrieben, man muss jedoch beachten, dass das auch schon antiker Rhetorik entsprach (Römer). Auch als der Sultan in Konstantinopel einritt, wateten die Pferde bis zu den Bäuchen im Blut. Warum diese Rhetorik? Um zu zeigen, was für einen mächtigen Gegner man überwunden hat. Ob das nun geschichtlich stimmt oder reine Rhetorik war, das muss immer im Detail untersucht werden – was naturgemäß sehr schwer ist, da man keine neutralen Beobachter hat.
Was ist noch wichtig zu wissen? Es gab unterschiedliche Möglichkeiten in Mitteleuropa für einen Bauern sein Land zu vererben: Sagen wir, er hatte vier Söhne. Dann bestand z.B. die Möglichkeit, dass sein Land durch 4 geteilt wurde – und wieder geteilt usw. was dazu führte, dass die Parzellen zu klein wurden, um eine Familie zu ernähren. Die andere Möglichkeit bestand z.B. darin, dass nur der Älteste das Land erbte und die Brüder ihm dienen mussten – oder aber lieber das Weite suchten. Das führte dazu, dass es heimatlose junge Männer gab, die in Gruppen die Gegend unsicher machten (z.B. Raubritter…). Im alten Griechenland ist man diese jungen Männer dadurch losgeworden, dass man sie auf ein Schiff setzte und sie losschickte, um irgendwo eine griechische Kolonie zu gründen, im alten Rom hat man sie ins Militär geholt und in alle vier Winde zum Dienst verschifft. Aber im Mittelalter war das so erst einmal nicht möglich. Und die Unsicherheit darum in Mitteleuropa groß.
Nun zur Rolle des Papstes: Der erste Papst, der die Kreuzzüge ausrief, weil der byzantinische Herrscher um Heere gebeten hatte, war ein geschickter Taktiker, der durch die Kreuzzüge einmal die gefährlichen jungen Männer aus Europa herausbrachte, wodurch eine gewisse Ruhe einkehren konnte. Taktiker war er dadurch, dass er Jerusalem zur Befreiung auswählte, da dadurch mehr Menschen mobilisiert werden konnten, denn heilige Städte konnten erobert werden, damit verbunden wurde Sündenvergebung. Denn manche dieser jungen Männer mochten von einem schlechten Gewissen geplagt worden sein. Hätte er gesagt: entlastet die Grenzen von Byzanz, wäre wohl kaum einer gegangen.
Und das ist – so sehe ich es – dem Papst bzw. den späteren Päpsten und deren Werbepredigern (darunter sogar der großartige Bernhard von Clairveaux) anzulasten, dass sie die politischen Notwendigkeiten (aus damaliger Sicht) mit Glauben vermischt haben.
Letztlich zeigte aber das Ergebnis (200 Jahre konnten die Kreuzfahrer Jerusalem halten [Königreich Jerusalem]), das zumindest der Expansionsdrang der damaligen Muslime über die europäische Ostschiene lange hinausgezögert werden konnte. Was freilich aus Sicht heutiger Islamisten als Übel angesehen werden kann, da dadurch Europa nicht muslimisch geworden ist.
Eigenartig ist, dass die Kreuzzüge noch immer so dominant in den Köpfen herrschen. Denn seitdem gab es viele, viele Kriege und auch Eroberungen islamischer Gebiete, so vor allem durch die säkularen Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich. Aber darüber spricht niemand – diese dürften aber real mehr Einfluss auf die heutigen Islamisten gehabt haben, als die Kriege, die seit ca. 700 Jahre zurückliegen. Zudem ist, wenn man sich mit dem Thema beschäftigt, vielen Extrem-Muslimen ein Ärgernis, dass ihr jeweiliges Land von großen Westfirmen dominiert wird (McDonalds, Coca Cola, zudem von westlicher Fernseh- und Medienkultur insgesamt…). Von daher muss ich sagen: So ganz verstehe ich diese Aufregung um die Kreuzzüge nicht, halte das ganze eher für Propaganda, denn damit kann man einfacher begrifflich agitieren – auch gegen die katholische Kirche. Unabhängig davon können wir Christen darüber diskutieren, ob es christlich legitim ist, Kriege dermaßen religiös zu begründen. Und das heißt aus meiner Sicht: Nein.
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