Aufgrund einer Anfrage eine knappe Darlegung zum Thema (s. http://blog.wolfgangfenske.de/2016/10/20/priesterinnen-und-zlibat/ )
Zum Thema Missbrauch. Dürfen Erwachsene mit Jugendlichen sexuellen Verkehr haben? Diese Frage ist äußerst kompliziert. Es wird heute sehr gerne auf das Thema Pädophilie reduziert. Aber so einfach ist das nicht. Das sieht man an anderen Kulturen. Sexualität und der damit verbundene Drang, ist nicht so einfach zu kanalisieren. In den Medien geht man sehr schnell insofern darüber hinweg, dass man sagt: Die Leute sind pädophil, sie müssen therapiert werden. Da man heute Homosexualität gesellschaftsfähig machen möchte, werden Pädophilie und Homosexualität getrennt, obgleich die Trennlinie vorhanden aber sehr stark durchbrochen ist, wie auch zu Heterosexuellen. Diese verkürzte Sicht wird meines Erachtens den Menschen nicht gerecht, denn Pädophilie ist nur eine Spielart der Sexualität unter vielen und zudem, wie schon gesagt, in anderen Kulturen Alltag, weil die Sexualität von Natur aus keine Barrieren vorsieht. Barrieren sind kulturell bedingt. Und dass Kinder und Jugendliche geschützt sein müssen, dazu hat das Christentum sehr viel beigetragen – auch wenn es immer wieder Menschen (auch in christlichen Einrichtungen) gab, die die christlichen Regeln durchbrochen haben.
Das ist aber kein Thema der katholischen Kirche, das ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Man macht es sich zu leicht, wenn man die katholische Kirche in den Fokus rückt. Missbrauchsfälle gibt es, so habe ich einmal gelesen, unter katholischen Geistlichen prozentual weniger als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung (man denke nur an die Odenwaldschule).
Aber: Warum steht die katholische Kirche (die evangelische müsste es auch) im Fokus der Öffentlichkeit? Das hängt mit dem hohen ethischen Anspruch der Kirche zusammen. Zudem hängt es damit zusammen, dass Menschen meinen, dass ihre Kinder in der Obhut der Kirchen sicher sind. Angesichts dieser beiden Aspekte steht die Kirche wirklich zu Recht im Fokus der Öffentlichkeit. Und dass Kirchengegner das aufgreifen, um die Kirche insgesamt anzugreifen, ist auch richtig, denn dazu wird die Kirche wieder dazu gebracht, ihre Maßstäbe an sich selbst höher zu legen.
Der Fehler der katholischen Kirche bestand darin, dass sie das selbst regeln wollte, um eben auch den Täter zu schützen. Das ist normalerweise ein Anliegen der Gesellschaft, dass Täter weitgehend geschützt werden. Aber die Kirche hat dabei nicht selten schlecht agiert, bis dann Papst Benedikt nicht erst Franziskus, die Weichen umgelegt hat. (Wie auch heute die Justiz manchmal schlecht agiert: Da wird einer kaum verurteilt – kommt wieder frei und begeht die nächste kriminelle Handlung.)
Was an diesen Taten auch zu sehen ist: Sie fanden vielfach in einem Zeitraum statt, in dem auch gesellschaftspolitisch der Verkehr von Erwachsenen mit Jugendlichen gefordert wurde (man denke an die 68ger Bewegung – und die großen Probleme, die die Partei die Grünen(Cohn-Bendit, Beck…) heute damit hat, sowie an die Odenwaldschule. Das bedeutet, dass die Priester, die Jugendliche missbraucht haben, sich dieser sexuell freizügigeren Strömung ihrer Zeit geöffnet haben.
Wie ist gesamtgesellschaftlich damit umzugehen? Alle Menschen müssen lernen, mit ihrer Sexualität verantwortlich umzugehen. Das gilt für Homos, Heteros und für alle anderen Spielarten bis hin zur Asexualität. Verantwortlicher Umgang bedeutet auch, dass man seine Sexualität zügeln muss, bis hin zur Abstinenz. Und gerade für Christen gilt es, auch seine Sexualität aus dem Glauben heraus zu leben und zu gestalten. Hiermit wird eine neue Frage angesprochen: Welchen Stellenwert gebe ich der Sexualität in meinem Leben? Unsere Gesellschaft ist äußerst sexualisiert. Muss ich dabei mitmachen? Kann ich mein Leben nicht auch als Kontrapunkt zur sexualisierten Gesellschaft sinnvoll(er) gestalten? Womit wir wieder beim Zölibat der Priester und Ordensleute angelangt sind bzw. auch bei den evangelischen Menschen, die anderes als wichtiger im Leben ansehen, als ihre Sexualität zu leben. Und das erkennen wir auch an Jesus, wenn er sagt, dass es Eunuchen fürs Himmelreich gebe, das heißt: Menschen leben enthaltsam, weil sie mit Blick auf das Reich Gottes (Verkündigung der Frohen Botschaft mit der dazu gehörigen Zuwendung zu anderen Menschen) ihr Leben gestalten.
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