Ich habe neulich schon Stellung zu den Themen: Priester/Priesterin und Zölibat genommen: http://blog.wolfgangfenske.de/2016/10/20/priesterinnen-und-zlibat/ Heute folgen in den weiteren Blöcken die Themen: Ehebruch, Homosexualität, Missbrauch, Hexenverfolgung, Abtreibung. Diese Darlegung ist Folge einer Anfrage, die ich bekommen habe, obgleich ich Protestant bin. Von daher wird auch die evangelische Kirche immer wieder knapp einbezogen.
Da ich als Neutestamentler Historiker bin, habe ich die Angewohnheit, erst einmal zu schauen, warum wurden im Alten Testament solche Gebote (z.B. Ehebruch) mit scharfen Sanktionen erlassen.
Zunächst zum Thema Ehebruch. In allen Kulturen, in denen es so etwas wie eine Ehe gibt – und das sind fast alle – wird versucht, Ehebruch zu verhindern bzw. Regelungen zu treffen, wie sie zu verhindern sind bzw. wie man damit umgeht, wenn ein Paar Ehebruch begangen hat. Warum ist dem so? Weil Ehebruch immer Unruhe in die Gruppe bringt, sei es in den Stamm, in das Dorf usw. Eine Gruppe darf Unruhe nicht dulden, da sie alle voneinander abhängig sind, um überleben zu können. Wir dürfen das zunächst nicht aus unserer heutigen Kurzzeit-Perspektive ansehen. Sexualität ist eine große Macht, die Menschen entzweien kann, die Gruppen zerstören kann, so dass man sich bis aufs Blut bekämpft.
Viele Gebote, die das Zusammenleben regeln, werden von den Göttern hergeleitet bzw. von Herrschern, die sich selbst von den Göttern herleiten. Warum? Es geht darum, die Gebote zu verankern. Der Gesetzgeber kann nicht überall sein und alles bewachen – aber die Gottheit ist überall und sie sieht, wenn Menschen die Gebote übertreten. Und so finden wir auch im Alten Testament Gebote, die Gott gegeben hat, damit Menschen sozial miteinander umgehen (nicht ehebrechen, nicht stehlen,…) – wenn allerdings diese Gebote übertreten werden, dann wird nicht nur gesagt: Aber, aber, das darfst du nicht – denn das hätte keine Wirkung, sondern es wird mit massiven Reaktionen der Gesellschaft gedroht, zum Beispiel, was damals üblich war und in manchen Gegenden der Welt heute noch üblich ist: mit Steinigungen. (Noch eine Anmerkung: Darum gibt es auch die Regeln der vorehelichen Beziehungen. Sie sollen den Menschen schützen – vor allem eben auch die Frau. Man mag das als Unterordnung der Frau ansehen – aber das diente auch alles zu ihrem Schutz. Selbst, dass sie dann als Besitz des Mannes angesehen wurde, sollte im Grunde verhindern, dass sie anderen Männern ausgeliefert wird bzw. von anderen Männern angeeignet wird. Ich muss nicht sagen, dass ich das aus heutiger Perspektive anders sehe.)
Jesus hat die Regel, dass eine Ehebrecherin gesteinigt werden sollte, durchbrochen, indem er denen, die sie steinigen wollten, sagte: Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein (Johannesevangelim 8) – daraufhin zogen sie sich zurück. Das bedeutet: Alttestamentliche Regeln werden durch Jesus Christus für Christen weitgehend irrelevant – das heißt dann, wenn der Glaube an Jesus Christus mit den alttestamentlichen Gesetzen nicht mehr kompatibel ist. Das bedeutet nun nicht, dass Christen nicht mehr den Ehebruch geahndet haben. Im Gegenteil. Denn auch Jesus wandte sich gegen den Ehebruch – denn der ist nicht Gottes Wille. Er wollte, dass man sich allerdings nicht an diese Regel hält, weil man muss, sondern weil ein Mensch, der wirklich zu Gott gehört, einfach nicht die Ehe brechen will, denn er hat ja einen neuen Geist.
Als die Kirche dann begann zu herrschen, musste sie eben auch Regeln erstellen, damit das Zusammenleben unter ihrem Herrschaftsbereich gelingt – und so hat sie dann wieder auf die drastischen Regeln zurückgegriffen, weil eben nicht alle Menschen so sind, wie Jesus es wollte.
Das ist das Eine. Eine andere Frage muss erst noch geklärt werden: Gottes Geschichte mit den Menschen ist eine Miteinander-Geschichte. Das sehen wir sehr schön an der Geschichte, in der Abraham seinen Sohn opfern sollte. Es war in der damaligen Zeit üblich, dass in vielen Kulturen der erstgeborene Sohn den Göttern geopfert wurde. Man hat ihnen den zurückgegeben, den man von ihnen bekommen hatte. Wenn Gott gesagt hätte: „Leute, lasst das!“ dann wäre er damit nicht durchgedrungen, weil der Mensch in seinem Sünderdasein einfach nicht auf Gott gehört hätte. Dann hat Gott Abraham berufen – und er verbot Abraham den eigenen Sohn zu opfern, und gab ihm an Stelle des Sohnes das Tieropfer. Immer stärker ließ Gott in seinem Volk den Gedanken reifen, dass Gott überhaupt keine Opfer will, aber das ließ sich nicht durchsetzen, so dass erst die Hinrichtung Jesu als letztes Opfer dazu beigetragen hat, dass das Opfern aufhörte. Überall da, wo Christen sich durchsetzen, wurde nicht mehr geopfert, weder Tier, noch Pflanzen… Sonst finden wir meines Wissens überall auf der Welt Opfer – außer eben in christlichen Bereichen.
Das ist eine Miteinandergeschichte: Gott reagiert auf den Menschen soweit der Mensch es kapieren kann. Der Mensch reagiert dann, wenn er kapiert hat, auf Gott – und Gott geht dann mit dem Menschen weiter.
Was heißt das zum Thema? Aus der Perspektive Jesu her betrachtet, sind alttestamentliche Gebote neu zu bewerten. Das Verbot des Ehebruchs gilt noch – nur muss man dann eben fragen: Wie gehen wir als Christen damit um? Und zwar in einer Form, die Ehebruch ablehnt, aber gleichzeitig mit den Ehebrechern sozial agiert. So gibt es in der katholischen Kirche dann den Ausschluss vom Abendmahl/Eucharistie, Ausschluss aus der Gemeinschaft der Gemeinde – also eine Art Erziehungsmittel, um Menschen darauf hinzuweisen, dass Ehebruch nicht akzeptiert wird.
Was machen die Protestanten? Nichts. Ob das für die Gesellschaft letztlich gut ist, wird sich zeigen. Denn wir leben in einer Zeit des Umbruchs, in der sich noch viele in etwa nach christlichen Vorstellungen richten – aber wie ist das, wenn die christliche Tradition überhaupt keine Auswirkungen mehr hat? Wird es dann wieder Mord und Totschlag geben? Anzeichen dafür gibt es.
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