Ein sehr interessantes Interview mit dem Muslim Zafer Senocak, der für den Islam fordert, dass er Grauzonen, Skepsis Selbstzweifel und Ironie zulässt: http://www.deutschlandfunk.de/muslimische-erneuerung-der-islam-ist-wirklich-ein-gespenst.886.de.html Das führt zur Freiheit – Vereinfachungen führen in Lüge: „Die islamische Religion in ihren überlieferten Traditionen, so scheint es, verfeinert die gläubigen Menschen nicht mehr. Sie macht aus ihnen engstirnige Besserwisser, ängstliche Untertanen, und leider allzu oft für Andersgläubige oder nichtgläubige Mitmenschen gefährliche Zeitgenossen. Der Islam und der ungehobelte Mensch scheinen heute unmittelbar zusammenzugehören.“ Er fordert das „ästhetische Gefühl“ als Ausweg aller Verengung.
Ich finde das sehr interessant. Ich schrieb sehr häufig in meinem Blog, dass eine neue Koran-Hermeneutik Fuß fassen muss, damit sich irgendwas am Islam ändern kann. Extremisten wie Liberalere werfen einander vor, Texte aus dem Koran zu isolieren und sie als Zentral zu verkaufen. Der einzige Unterschied zwischen beiden Gruppen ist, dass die einen brutale Texte nehmen und die anderen zahme Texte. Aber das ist ja noch keine Hermeneutik. Es muss eine neue Hermeneutik aus dem Koran und den Ahadith heraus entwickelt werden, nicht aus der Perspektive außenstehender Religionen oder Weltanschauungen. Ein christianisierter Islam wird sich wahrscheinlich weltweit ebenso wenig durchsetzen wie ein atheistisch-aufgeklärter Islam. Und meine Frage ist: Wenn der grundlegende Zugang zum Koran sich ändert, wie er im Artikel dargestellt wird, wäre das eine Chance? Viele Muslime, die ich kenne, kennen weniger den Inhalt des Korans als den Klang des Koran (das wird auch im Artikel oben erwähnt) und meinen, der Klang des Koran sei Erweis für das Göttliche. Eine Theologie des Klangs, die ja wohl im islamischen Kulturkreis weiter verbreitet ist – könnte das eine neue Hermeneutik in Gang setzen? Muslime hören sozusagen Allah im Klang der Worte und nicht im Inhalt der Worte.
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