Mangalwadi schreibt im 6. Kapitel seines Buches (Das Buch der Mitte) über die Bibel und die Bedeutung der Vernunft.
Es gibt Atheisten, die der Bibel Irrationalität und sonstiges vorwerfen, aber gerade die Bibel ließ die Scholastiker aufkommen. “Keine vorherige Epoche hatte einen solch rational denkenden Menschen hervorgebracht, der mit seinem intellektuellen `Vermögen in der Lage war, die Grundlagen bereitzustellen für Staatswesen, Parlament, Demokratie, Bankwesen, Handel, höhere Bildung und unterschiedliche Formen der Literatur wie Romane und Geschichtsschreibung´” schreibt M. mit Edward Grant.
Der Logos, die Kraft, die Vernunft Gottes wurde hinter allem aufgespürt. Nicht, wie in Indien das Schweigen, “stumpfsinnige Klänge”, Kräfte oder unpersönliches Bewusstsein.
Buchdruck, bewegliche Lettern – alles gab es in Asien, bevor es in Europa neu erfunden wurde. Aber warum hatte es in Asien keine Bedeutung erlangt? Man hat sogar drehbare Bücherregale erfunden – aber was machten die Mönche damit? Sie nutzten das Geräusch der sich drehenden Bücher für die Meditation. Und das fesselt Asien bis in die Gegenwart: Denken stoppen, Verstand zum Schweigen bringen, Nichtwissen zur Tugend erheben, das durch Drogen, sexuelle Übungen und Meditation. Hinduistische Gurus waren brillant – aber sie gründeten keine Universitäten. Logik? = Illusion. Und die Griechen? Für sie war Logik wichtig – aber nur bis 529, dann waren sie dem Widerstreit der Logik überdrüssig. Logik diente der Manipulation, nicht der Wahrheitsfindung. Skeptiker, Mystiker, Nihilisten redeten den Verstand klein. Der Christ Augustinus rettete den Verstand mit Hilfe der Bibel: Der Verstand ist Gottes kostbarste Gabe an den Menschen. Für die Christen wurde der Logos Gottes Mensch. Das heißt: “Um die Wahrheit zu erkennen, müssen wir daher einerseits unser Denkvermögen kultivieren, andererseits aber auch über Gottes Wort nachsinnen.” Und dieses Interesse an Gottes Handeln in der Welt finden wir nicht nur bei Augustinus, sondern auch bei Boethius: Er übersetzte alte Werke der Griechen – und schrieb eigene Werke, die dann bis zur Renaissance die Menschen beeinflussten. Johannes von Damaskus sah es als Tugend an, den Verstand auszubilden. Wie es im Neuen Testament schon heißt: In Jesus Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.
Doch dann kam eine Zeit, in der die Bibel nur einem Kreis von Fachleuten überlassen wurde. Das Mittelalter von seiner negativen Seite begann. Menschen ergaben sich willenlos dem dunklen Schicksal. Bibelübersetzer und -übersetzungen wurden brutal verfolgt. Als dann die Bibel in England wieder im Volk lebendig wurde, gab es in fast jeder Kneipe Debattierclubs, Traditionen wurden hinterfragt, politische und kirchliche Autoritäten wurden überprüft. Die Erweckungsbewegung begann die Menschen zu ergreifen. Sie lernten lesen und schreiben, die Gesellschaft wachte auf zu einer neuen sozialen Selbständigkeit.
Die Bibel verliert heute im Westen an Bedeutung, die Vernunft muss den Emotionen und der buddhistisch-mystischen Selbstaufgabe weichen. Wenn dem Westen die Seele genommen wird, was wird aus ihm?
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Im 7. Kapitel schreibt M. über die Technik: Warum wurde sie ausgerechnet im Kloster erfunden? In Uganda sah M. dass Frauen und Mädchen schwere Wasserbehälter mit Wasser weit trugen. Warum? Hatten sie nichts von Pumpen gehört? Und was alles mit dem Wassertragen verbunden ist: Weniger Wasser, schlechte Hygiene, Krankheiten, weniger Zeit für die Kinder, Exkremente müssen weggetragen werden… Die Hindus redeten einer ganzen Kaste ein, geborene Sklaven zu sein, um eben billige Arbeitskräfte zu haben. Weil ein paar Menschen in Europa ihren Verstand einsetzten, haben sie fließendes Wasser und alle damit verbundenen Wohltaten. Ägypter bauten wunderbare Gebäude – aber nur für die Knochen der Herren. Und weil es so viele Sklaven gab, haben sie nicht einmal Schubkarren erfunden. Sein Fazit: Wo es billige Sklaven gibt, sieht man sich nicht genötigt, Dinge zu erfinden, die das Leben erleichtern. Wenn man zu wenig Frauen oder Sklaven hat, dann kauft man sich eben welche dazu, damit sie die Arbeit verrichten. Die Christen durften keine Sklaven haben. In den Klöstern mussten die Menschen selbst arbeiten. Und um sich die Arbeit zu erleichtern, erfand man eben viele sinnvolle Dinge. Aber der Bibel wirft man im Westen seit Aldous Huxley vor, die Natur beherrschen zu wollen, so wie die Schöpfungsgeschichte es vorschreibt. Und durch den Wahn, die Schöpfung beherrschen zu wollen, haben wir all die Umweltzerstörung. M. gibt den Kritikern recht. Technik ist nicht per se gut, sondern ist immer auch Teil des sündigen Menschen: Sie dient dem Führen der Kriege, der Unterdrückung…. Aber das sagt eben auch schon die Bibel, dass es darum geht, Technik wie Verstand verantwortlich zu handhaben. Es geht um menschenfreundliche Technik.
Chinesen haben die Uhr erfunden, bevor der Westen es tat. Aber sie konnten diese Entwicklung nicht nutzen, sie hatten kein Interesse an der Uhrzeit. Schon im 1. Jh. v. Chr. hat man in Afghanistan die Wassermühle erfunden – aber sie wurde nicht genutzt. Das heißt: Schlaue Menschen gibt es überall. Doch wenn das kulturelle Umfeld nicht stimmt, dann können die Menschen mit den besten Erfindungen nichts anfangen. Und so setzten auch erst die Mönche in den Klöstern Wasser zum Mahlen des Getreides ein. Auch Buddhisten kannten das Mönchtum: Warum haben sie das nicht erfunden und eingesetzt? Weil sie nicht arbeiteten, sondern meditierten und bettelten.
Gott war Architekt des wunderbaren Kosmos – nicht wie in Indien ein Träumer und Tänzer. Er schuf als kreatives Wesen den Menschen aus Ton – all das wirkte sich aus auf die Kreativität und den Erfindungsgeist des westlichen Menschen. Mit Benz gesagt: 1. Das Design der Welt lässt einen Fachmann an der Arbeit erkennen, 2. ein guter Handwerker hat Teil an der Handwerkskunst Gottes; 3. Wir handeln nach Gottes Auftrag, wenn wir verantwortlich handeln; 4. jeder Moment ist wertvoll – darum ist die Zeit zu nutzen. Und hinzu kommt noch, dass die Technik von Christen dazu verwendet wurde, um Menschen in der Not zu helfen. Es wurde allerdings gesagt, dass das nicht für alle Kirchen gelte, so sei die Ostkirche eher kontemplativer ausgerichtet.
Es wird das Längssegel vorgestellt – weil es erfunden wurde, benötigte man keine Galeerensklaven mehr. Es wurde der Karrenpflug erfunden, der half, viel mehr Menschen zu ernähren, um Pferde zu schonen erfand man das Hufeisen, das Kummet und das Doppelgespann, Kurbel, Schubkarre (möglicherweise auch eine ungenutzte chinesische Erfindung) und Schwungrad, Pfeifenorgel und mechanische Uhr. Warum war die Uhr so wichtig? Weil Mönche beteten und arbeiteten – und eben vor lauter Arbeit nicht zu spät zum Gebet kommen durften. Da half die Uhr. Die Brillengläser halfen Uhren reparieren und halfen Texte zu lesen und zu bearbeiten – und läutete damit die Renaissance ein. In Asien schloss man die Augen – und lernte meditativ zu fliegen. Warum sollte man dann Flugzeuge erfinden? Technik war vor den Universitäten da, und half vor allem außerhalb der universitären Wissenschaft. Hugo von Sankt Viktor versuchte schon im 11. Jahrhundert beides zusammenzuführen. 300 Jahre lang blieb sein Werk ein Grundlagenwerk.
All das konnte genutzt werden. Anders Indien. Als Großmogul Shah Jahan 1631 mit dem Bau des Taj Mahal begann, gab es eine große Hungersnot, weil der Monsunregen ausgefallen war. Überall waren Leichen, Menschen aßen Menschen, sogar schon, während diese noch am Leben waren. Warum hat man statt des Taj Mahal keine Dämme gebaut, in guten Zeiten keine Lagerhäuser eingerichtet, wie schon Josef in Ägypten es vor 3500 Jahren gemacht hat? Die Indus-Zivilisation hatte Zugang zu Lagerhaustechniken, warum hat man sie nicht genutzt, denn der Monsun blieb auch vorher schon häufiger aus. Das war den Herrschern alles egal. Das heißt: Man benötigt nicht nur Technik, Technik ist neutral, man benötigt eine Lebensphilosophie, die diese Herrscher nicht hatten, die im Westen die Bibel vorgab: Die Würde des Menschen steht im Mittelpunkt. Und wenn im Westen die biblische Lebensphilosophie weicht? (Ich führe es eigenständig fort, dann passiert das, was auch mit der herzlosen Kolonialisierung begann: Sklaverei. Und so hat auch der heutige Kapitalismus ganze Völker versklavt. Die Seele, die Bibel fehlt.)
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