In einem Leserbrief musste ich die Meinung eines Christen lesen, die mir die Zornesröte ins Gesicht steigen ließ:
“Ein mit dem Glauben an den Messias Jesus verbundenes Überlegenheitsgefühl gegenüber Juden, die diesen Glauben nicht teilen, war als Antijudaismus eine der Wurzeln des Antisemitismus, der schließlich nach Auschwitz führte… Messianische Juden repräsentieren Überzeugungen und Haltungen, die Auschwitz den Weg bereitet haben.” (Zeitzeichen März 2016)
Es gibt tatsächlich Leute, die ein so einfach gestricktes Weltbild haben!
Was sind Messianische Juden? Messianische Juden sind Juden, die Jesus als Messias anerkennen, selbst aber Juden bleiben und sich keiner der christlichen Kirchen zuordnen. Sie haben es unter orthodoxen Juden sehr schwer und manche Anfeindungen zu ertragen. Man muss die Ausgrenzungen wahr genommen haben, die ihnen von manchen Juden widerfahren. Natürlich mag es Überhebliche unter ihnen geben. Aber dieses Strickmuster: Messianische Juden – Auschwitz – ist abstrus. Von diesem Ansatz aus kann man auch eine einfache Linie von Jesus – Petrus – Paulus zu Auschwitz ziehen. Vielleicht ist das auch die Ansicht dieses Menschen. Und es werden ja neutestamentliche Texte – auch alttestamentliche Texte – diskutiert, es wird gefragt, haben sie mit zum Antijudaismus beigetragen usw. Alles richtig. Aber das gesamte Heidentum dieser letzten 2000 Jahre, den gesamten Werdegang des Antijudaismus und dann auch den des rassistischen Antisemitismus auszublenden und harmlose, fröhliche Menschen mit Auschwitz in Verbindung zu bringen – das ist zusammen mit der grenzenlosen Geschichtsblindheit grotesk. Zudem haben viele Juden, die Christen geworden sind, unter den Nationalsozialisten gelitten wie andere Juden auch.
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