Sex ohne Kultur

Eine Schwulen-App bringt diese in Gefahr, weil sie andere Schwule innerhalb von 500 Metern anzeigt. Das kann vor allem in Ländern, in denen Homosexuelle verfolg werden, schlimm sein. http://www.spiegel.de/netzwelt/apps/grindr-app-fuer-homosexuelle-bringt-schwule-in-gefahr-a-990642.html Dass das schlimm ist, dass Menschenrechte eklatant verletzt werden, möchte ich nicht leichtfertig übergehen. Und: Vermutlich gibt es eine solche App auch für Heteros, die auf Sex-Abenteuer aus sind.

Auf welche Gedanken ich beim Lesen eines solchen Artikels aber noch komme: Sexualität ohne Kultur: Sexualität einfach ohne echtes Miteinander, ohne Liebe, ohne Gemeinschaft, ohne Verantwortung, in der es nicht um den anderen Menschen geht, sondern nur um die Befriedigung der eigenen sexuellen Triebe – das ist ein Rückschritt für das kultivierte Zusammensein der Menschen.

Das ist keine Freiheit. Wenn man so will, wären Tiere, die nur ihren Instinkten folgen, frei. Sie sind Gefangene ihrer Instinkte.

Mein Menschenbild ist ein anderes: Wir haben Kultur entwickelt, die den Menschen auf der ganzen Ebene weiterhilft, ihn erhöht. Das gilt nicht allein für die Sexualität, das gilt auch für das Essen. Ein Mensch, der einfach alles in sich rein schlingt, ohne Anflug eines kulturellen Ahnens, ist ein schlimmer Anblick. Ein Mensch, der die Hygiene-Kultur aus Gedankenlosigkeit meidet (damit ist eben gesagt, dass er sie meidet – nicht, dass Menschen, die nicht die Möglichkeit dazu haben, gemieden werden dürfen), ist für die Umgebung wenig erträglich. Ein Mensch, der die Wohnkultur missachtet, zu dem man nicht gerne in die Wohnung gehen würde, weil alles Abstoßend ist (auch hier geht es nicht um Menschen, die nicht in der Lage sind, die Wohnung zu pflegen), ist wenig zu verstehen. Und so geht es auch mit der Sexualität: Wir Menschen können auch in dieser Hinsicht Kultur entwickeln, wir haben die Freiheit dazu, uns nach oben zu entwickeln – leider auch die Freiheit dazu, nach unten zu fallen, bis wir Sklaven der Instinkte sind.

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