Kulturelles Konstrukt

OceanArt 10

Alles ist vom Menschen erdacht, gemacht worden. Die Kultur, die Ethik – alles rein menschlich, zufällig, irgendwie geworden, weil Menschen es als gut ansahen – und darum, weil es von Menschen gemacht wurde, können wir alles verändern, müssen wir alles diskutieren, müssen uns wieder neu im Klaren werden, was das ist “gut” oder “böse”. Es gibt keine festen Maßstäbe – sondern das ist jeweils gut/böse, was die jeweilige Zeit als ein solches empfindet. Und wer das ist “die jeweilige Zeit” – das sind die Kulturprägenden, die Medien, Politiker, Philosophen. Sie geben nach langen Diskussionen die Vorlagen, und daran haben sich alle zu richten, die Pfarrer, die Lehrer… Nein, so ist das natürlich irgendwie dann doch nicht, denn die Diskussion hat mit Gott etwas gleich: sie ist ewig. Man kommt nie zum Schluss – und bevor man zum Schluss kommt, darf jeder tun und lassen, was er will – außer anderen zu nahe zu treten, ihn zu schädigen. Das klingt gut.

Darf ich jedoch das Rind schädigen, weil ich hunger habe? Wer gibt mir das Recht als Teil der Evolution eine Quecke zu bekämpfen – stehen wir doch eigentlich auf einer Stufe, denn Pflanzen spüren, wie die Wissenschaft herausfindet, wie du den Schmerz. Darf ich einen behinderten Menschen davon ausschließen, Manager zu werden? Darf die Politik Gesetze machen und die Polizei/Gerichte sie durchsetzen? Wo schädige ich den anderen, wo wird er eingeschränkt in seiner Freiheit. Darf ich Verlässlichkeit verlangen – oder schädige ich damit den anderen? Darf ich ein T-Shirt aus Indien tragen, das unter unerträglichen Zuständen hergestellt wurde? Darf man einen Diktator und seine Anhänger stürzen, darf man die Kapitalisten ausrauben? Darf man also diejenigen schädigen, die andere schädigen?

Es klingt alles so schön einleuchtend in unserer Zeit: alles ist Menschen gemacht – also darf man alles ändern, muss es sogar, weil es überholt ist – wenn man andere nicht schädigt, es sei denn, man muss sie schädigen… Doch wer darf das? Wer sagt das? Wer leitet und bestimmt die Diskussion?

Nun: Wenn unsere Zeit alles hinterfragt, so darf man die dominanten Strömungen unserer Zeit auch hinterfragen, auch wenn dann alle zu stolpern beginnen, wie der 1000füßer, der gefragt wurde, mit welchem Bein er morgens zuerst losgeht. Und seitdem war er nur noch ein purzelndes Knäuel. Auch unsere Zeit ist ein purzelndes Knäul, wenn der Maßstab fehlt.

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