Karl Richard Ziegert: Zivilreligion. der protestantische Verrat an Luther. Wie sie in Deutschland entstanden ist und wie sie herrscht, 2013: http://www.blauenarzisse.de/index.php/rezension/item/4618-zivilreligion-und-protestantismus
Das Buch ist sicher lesenswert. Jedoch anhand der Rezension beginnt man zu ahnen, dass dieses aus der Perspektive der Gegenwart geschrieben wurde – und ohne Empathie für die Zeit, das heißt, ohne sich in die Zeit hineinzuversetzen, um die Handlungsweisen zu verstehen.
Ich habe übrigens noch ein Originalplakat von der Stuttgarter Schulderklärung, das mir ein Zeitgenosse geschenkt hat. Und die Stuttgarter Schulderklärung war damals schlicht und ergreifend lebensnotwendig und entsprach auch der Sicht vieler, die überlebt haben – natürlich hatten viele auch ihre große Schwierigkeit damit. Damals schon. Und Karl Barth und die bekennende Kirche so darzustellen, scheint mir auch äußerst gewagt – dass die Bekennende Kirche aus heutiger Perspektive auch ihre Macken hatte – das ist nicht neu – das hat schon damals Dietrich Bonhoeffer gesehen – ist aber aus der Zeit heraus zu verstehen.
Da haben sich nicht Menschen in einer ruhigen Atmosphäre gemütlich hingesetzt und einen Plan entworfen, wie man angesichts der politischen Lage nun gemeinsam vorgehen kann. Es ist wirklich alles in einer Kampf-Situation, einer des Widerstandes, der Klugheit, der Anspannung entstanden.Und das aus einer Vielzahl an unterschiedlichen Menschen heraus, die sich theologisch und politisch stritten, zusammenrauften, auseinanderdrifteten. Man muss nur einmal Biographien dazu lesen – und mir fallen spontan die zu Barth und Elisabeth Schmitz, von Thielicke, Leni Immer… – und natürlich zahlreiche Schriften aus der Zeit ein.
Geschichtliche Extremsituationen kennen die Leute in unserem Land nicht und da ist es leicht, irgendwas zu schreiben, sich klar zu positionieren, Fehler aufzudecken, Mangel an Mut und Weitsicht anzukreiden. Darum ist Empathie wichtig.
Nun, vielleicht ist das dem Buch ja auch nicht anzukreiden, darum werde ich es bestellen und lesen, wenn ich Zeit habe. Aber – wie gesagt – die Rezension scheint mir hier Mängel aufzuweisen.
Noch einmal zur Stuttgarter Schulderklärung: Nicht nur damals hatten manche ihre Schwierigkeiten damit – auch die Positionen heute sind natürlich nicht neutral, sie sind Partei. Wie es eben heute noch Gegner von Karl Barth, Bonhoeffer usw. gibt.
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