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Wozu ist das Christentum gut? Wozu benötigen wir Gott?
Welchen Wert hat das Christentum, welchen Wert hat Gott?
Christentum wie Gott haben eigentlich keinen Wert, sagen die einen.
Oh doch, sagen die anderen – und was für einen Wert Gott für die Gesellschaft hat und für mein Leben!
Doch folgen wir Gott, weil er Wert hat? Wozu ist der Mitmensch gut? Welchen Wert hat er? Wozu ist der Mensch als solcher gut? Ist er wertvoll – weil er einen Wert hat?
Erschrecken wir nicht vor diesen Kategorien, alles danach zu bemessen, ob es Wert hat, Wert bringt, Wert macht?
Wenn wir in den Kategorien des Wertes denken, dann hat die Menschenwürde keine Chance mehr. Dann hat die Liebe keine Chance mehr – weil sie immer der Frage nach dem Wert unterliegen muss.
Welchen Nutzen hat Liebe, welchen hat der Mensch, dieser Mensch, Gott, Christentum?
Für wen hat er Wert? Für mich? Für die Menschen als Gattung? Utilitaristisches Denken ist ein Übel, das unmenschlich ist – dann schon lieber Hedonismus oder Egoismus. Die sind wenigstens konsequent unsozial. Alles was mir dient, meiner Lust dient, das ist gut, das ist mir Nütze. Alles, was meinem Spaß dient, das ist wertvoll. Alles andere und jeden anderen kann man vergessen.
Und dann kommt uns Kant in den Sinn, sein kategorischer Imperativ: Kann ich wollen, dass diese meine Weltsicht von allen übernommen wird? Nun denn, dann habe ich wirklich keinen Spaß mehr,weil ich zum Spaßobjekt des anderen degradiert werde oder selbst ganz beseitigt werde, weil ich den anderen keinen Spaß mache.
Wozu ist Gott gut? Weil Gott ist, ist er zu loben, folgen wir ihm. Welchen Wert hat der Mensch? Er hat seinen Wert im Menschsein an sich, es gibt nichts, das er tut oder lässt, das ihn wertvoll macht. (Natürlich sind manche Menschen für mich als Individuum wichtiger, wertvoller als irgendwelche anderen Menschen. Aber darum geht es in dieser Frage nicht.) Aber wir machen den Menschen zu einer Verfügungsmasse – zu einem Produkt, über das ich verfüge, über das Mächtige verfügen. Schon vor der Geburt fängt es an: Passt er mir – ja/nein? Der Arbeitnehmer: Passt er mir? Ja/Nein? Wer wird mir zur Last? Weg mit ihm.
Das ist das Übel kapitalistischen Denkens: Alles wird nur danach gemessen: Was für einen Wert hat es, was bringt es… – und von daher ist der Kapitalismus eine menschenfeindliche Ideologie, die sich in Köpfen verankert hat, ohne dass man das so richtig wahrnimmt, weil dieses Denken uns so nahe liegt.
Christen haben gegen all diese und andere Ideologien ihre eigenen Maßstäbe anzubringen. Und einer dieser Maßstäbe heißt: Nicht ich bin der Maßstab, den Wert eines Menschen geschweige denn den Gottes zu bemessen. Ich bin auch nicht der Maßstab dafür, meinen eigenen Wert zu bemessen. Wir haben uns zusagen lassen – von Gott: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Wir sind Kinder Gottes, Gottes Ebenbild – weil Gott es sagt. Daran habe ich mich auszurichten. Und wenn ich es nicht mehr will, dann muss ich aufpassen, dass ich nicht zum Opfer meiner eigenen asozialen Maßstäbe werde.
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