In Zeiten, in denen Menschen sehr stark lokal konzentriert waren, wurden sie von den Dörfern jeweils sozialisiert. Es gab eine gewisse Einheitlichkeit. Unterschiede traten nicht so deutlich hervor, weil man eben auf lokale Grenzen angewiesen war. Das änderte sich dann mit den Städten, in denen Menschen unterschiedlicher Ansichten nebeneinander wohnen konnten – was zu Spannungen führen konnte – vor allem dann, als Ideologien begannen, die Hirne zu erobern. Das war auch schon zu Zeiten der Reformation so, weil hier die lokale Kommunikation stärker aufgrund der neuen Medien die lokale Grenzen überschreiten konnten.
Und heute? Heute gibt es keine lokalen Grenzen mehr. Und somit wohnen nicht mehr nur Menschen unterschiedlicher Ansichten nebeneinander, sondern sie können diese auch in den sozialen Medien kennenlernen – und einander bekämpfen. Die jeweiligen Gruppen, die zusammengehören, tun sich zusammen, versuchen sich zu vernetzen. Aber es gibt dann an den Grenzen immer ideologische Kämpfe. Menschen identifizieren sich mit ihrer Weltanschauung und sind nicht fähig, sie aus der Außenperspektive heraus zu betrachten. So wird jeder Mensch mit anderer Meinung zu einem Feind, den man bekämpfen muss, weil der andere meine Meinung erschüttern kann – das heißt: mich aus meiner vernetzten Gruppe herausbrechen kann.
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Aggressionen, Hate-Speech, Diffamierungen sind nichts anderes als die Angst derer, die nicht fähig sind, differenziert zu denken. Und weil sie dazu nicht fähig sind, haben sie Angst, aufgrund mangelnder Argumente von ihrer Weltanschauung entfremdet zu werden – was dann mit sich bringt: von ihrer Gruppe isoliert zu werden. „Heimatlos“ zu werden. Daneben gibt es freilich noch diejenigen, die versuchen in ihrer Gruppe dadurch Ansehen zu bekommen, dass sie möglichst viele Gegner bekämpfen, sozusagen mediale Skalps anhäufen.
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Jesus hatte da eine ganz andere Sicht. Feindesliebe ist bekanntlich ein Aspekt – die Aggressionsspirale runterschrauben, sie stoppen. Aber auch Grenzen durchbrechen, indem man den anderen als Mensch sieht – auch den anderen, der nicht meiner Weltanschauung ist (Barmherziger Samariter). Jesus hatte auch massiv etwas gegen Selbsterhöhungen. Bekanntlich wird der, der sich selbst erhöht, erniedrigt werden.
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Nun mögen freilich wieder Linke denken: Ja, die Rechten! Nein, auch die Linken sind hier gemeint.
Ja, die Muslime! Nein, auch die Christen!
Ja, die Christen! Nein, auch die Säkularen!
Ja, die Religiösen! Nein, auch die Atheisten!
Ja, die sozial Unteren! Nein, auch die sozial Erhöhten!
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Mein Kritiker vermutet zu Unrecht, dass ich Gender-Mainstreaming und Gender-Studies verwechsle. Wenn ich von Gender-Ideologie usw. spreche, dann geht es um Gender-Studies. Dass Gleichberechtigung das Ziel sein soll, dagegen ist kein vernünftiger Mensch (wobei ich freilich weiß, dass sich die Frage stellt: Ist Gleichberechtigung, wenn ich nun immer Dozent_in schreiben muss? Was nicht so mein Ding ist dieser Unterstrich [Gender-Gap] – Menschen sind keine Lücke) – so wende ich mich ständig dagegen, dass die Bestrebungen der Feministinnen und Homosexuellen nach Gleichberechtigung mit Gender verwechselt werden. https://correctiv.org/recherchen/neue-rechte/artikel/2017/04/17/afd-faktencheck-gender-mainstreaming/
So schrieb ich am 1.8.2015:
Ich muss allerdings sagen, dass das Thema Gender und Homosexualität in diesem Beitrag – vielleicht auch von der AfD – gemischt wird. Genderei hat mit Homofragen nichts zu tun. Gleichstellung von Homosexuellen ist keine Frage der Genderei. Im Gegenteil: Sie stehen in Spannung zueinander. Denn Gender sagt aus, dass der Mensch seine Sexualität wählen kann, während Homos diese Sicht vollkommen ablehnen, sonst wäre Homosexualität wie Heterosexualität ja nicht etwas, das zutiefst zum Wesen des Menschen gehört. Die Gender-Theoretiker sind Ideologen, die meinen, dass der Mensch nicht von seiner Natur abhängig ist. Von daher sind sie auch so sehr an Kindern interessiert – an die Frühsexualisierung, wie man so sagt. Damit Kinder möglichst früh Sex-Switch betreiben können. Genderei hat auch mit der Gleichstellung von Frauen nichts zu tun. Die Gleichstellung, die der Feminismus und alle normalen Menschen fordern, ist notwendig. Aber Genderei kümmert sich um den Sex-Switch und nicht um die politische Gleichstellung der Frau. Man muss alles ganz genau auseinanderhalten. Denn das ist die Kunst der Genderleute, alle auf ihre Seite zu ziehen: Homos, Feministinnen usw. – und in ihrem Fahrwasser zu fahren. Aber: Genderei ist eine eigene Ideologie, die den Menschen sexuell verändern will.
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Zudem sei angemerkt: Auch die Seiten, die nun Fakten finden und korrigieren… – sie sind Partei. Man darf das nie vergessen, dass die Aktivisten die Weisheit auch nicht mit Löffeln gefressen haben, sondern auf Interpretationen angewiesen sind. Damit sind sie Menschen, stehen nicht über sie. Aber das muss man wahrscheinlich auch nur Leichtgläubigen sagen, die Hände ringend und Autoritäts hörig nun nach solchen Fakten-Erklösern Ausschau halten. Vor allem dann, wenn es um die Aussagen politischer Gegner geht.
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