Ich glaube

P1070328 - Kopie

Ich glaube. Wer ist „Ich“? Bin ich noch derselbe, der ich war, als ich zur Welt gekommen bin? Bin ich noch derselbe, der 10, 30, 50, 80 Jahre alt ist? Was oder wer ist das „Ich“? Das erste Problem, dass das Glaubensbekenntnis aufwirft ist nicht die Frage, was ist Glaube, wer ist Gott. Das erste Problem ist das „Ich“. Ich bin ein Mensch, der im Gegensatz zu fast allen Lebewesen ein „Selbstbewusstsein“ hat. Ich kann über mich nachdenken, ich kann mich in der Welt verorten – aber woher kommt das Selbstbewusstsein? Das weiß die Wissenschaft noch nicht und ist eifrig am Forschen.

Wenn ich von einem „Ich“ ausgehe, dann verorte ich mich in der Gegenwart. Als der Mensch, mit seinem Verstand, seinen Erfahrungen, seinem Charakter, seinen Gefühlen – als Mensch, der ich bis zum jetzigen Zeitpunkt meines Lebens geworden bin. Und dann sehe ich ein Bild von mir auf einem Dreirädchen – und ich sage: Da war ich drei Jahre alt. Aber das Ich, das ich jetzt bin, war ich mit drei Jahren noch nicht. Und ich sage: Wenn ich 80 bin, dann werde ich… – und ich weiß doch genau, dass ich dann nicht mehr der bin, als der ich jetzt vom Ich spreche.

Das Ich bleibt – das Ich wandelt sich – und das gleichzeitig. Und so wandelt sich das Ich auch in Fragen des Glaubens. Als Kind glaubte ich einfach so, alles, was es mit dem Glauben auf sich hat, war mir so nah, ich fragte nicht viel. Es war alles Teil einer Welt, die ich staunend erforscht habe. Als ich größer wurde, wandelte sich der Glaube. Er wurde skeptischer, weil ich merkte: Ich bin der Mittelpunkt der Welt. Ich muss mich behaupten, ich bin stark… Wo auch immer ich mich jetzt mit meinem Glauben befinde – er wird sich auch in Zukunft wandeln, weil ich mich wandeln werde. Und so möge das Gebet in jeder Zeit sein: Gott möge mir so viel von sich selbst erkennen lassen, wie ich es mit meinem Ich in dem Jetztzustand begreifen kann. Morgen schon verstehe ich vielleicht wieder ein wenig mehr von Gott, seinem Wort, seinem Handeln an mir und der Welt.

Der Mensch ist nicht festgelegt. Er ist, so lange er lebt, offen. Offen für alles. Wenn er sich denn nicht Gott verschließt, weil er eben beschlossen hat, sich Gott zu verschießen.

(Auszug aus einem Büchlein, das ich zum Glaubensbekenntnis schreibe.)

Impressum http://www.wolfgangfenske.de/

KategorienAllgemein

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert