Leiden und Gott

P1070119

Doch warum macht er in seiner Allmacht nicht den Menschen zu einem besseren Menschen, verändert dessen Herz und Verstand mit Macht? Juden und Christen glauben, dass Gott dem Menschen Freiheit schenkt – und diese Freiheit bedeutet eben, sich auch gegen Gottes Willen verhalten zu können, das heißt auch: anderen Leid zuzufügen. Mit der Freiheit gehört das Verantwortung-Tragen zusammen. Mit der Geschöpflichkeit des Menschen, seinem Eingebundensein in die gesamte Schöpfung hängt Leiden zusammen. Wir sind als Menschen und bleiben Teil der Schöpfung – auch wenn wir uns selbst gerne allmächtig und allwissend usw. sehen würden.

Nun kann man natürlich ganz viel dagegen einwenden: das ist ein grausamer Gott, der dem Leiden zusehen kann usw. usw. Das kann man alles. Christen können aber erst einmal etwas anderes sehen: Gott will, dass der Mensch Teil hat an dem Tun Gottes zum Wohl der Menschen. Gott fordert in Jesus Christus den Menschen auf: Klage nicht über das Leid, sondern tu etwas dagegen. Und wenn wir das beherzigen, dann haben wir wirklich nicht viel Zeit, über die Theodizeefrage nachzudenken. Sie ist nämlich zu einer Denkaufgabe geworden. Man versucht sein Denken an dieser Aufgabe zu schulen: Alles Mögliche gegen Gott zu erdenken – oder alles Mögliche auszudenken, um Gott zu verteidigen. So eine Art: Denksport von Atheisten und Glaubenden.

Doch im Leiden können wir Menschen unabhängig davon, ob wir jeweils für uns diese Denksportaufgabe gelöst haben, etwas Großes erfahren: Gottes Nähe. Wir können auch anderes erfahren: Wir können Menschen in ihrem großen Leiden Geborgenheit schenken, Trost, Kraft, Hoffnung. Da schweigt dann – zumindest zeitweise – diese Denksportaufgabe und wir Menschen lassen uns dann ganz in Gott hinein sinken.

Dann spüren wir Gott in seiner Allmacht, die Liebe ist, in uns einströmen. Denken ebbt ab, Sprache schweigt, Gottes Liebe ist alles.

Das muss kein Dauerzustand sein. Aber diese Erfahrung überstrahlt die Fragen und die Einsamkeit. Sie ist der Grundton aller Fragen und Klagen.

Impressum auf www.wolfgangfenske.de

KategorienAllgemein

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert