Islamismus

Es ist alles äußerst kompliziert. Es hat sich inzwischen durchgesetzt, dass ISIS-Islamisten Leute sind, die auch vor Morden nicht zurückschrecken. Und Al-Qaida-Islamisten schrecken auch vor nichts zurück, sind im Augenblick nur in der Defensive, weil die ISIS-Islamisten sie mit der Barbarei übertrumpfen. Salafisten sind Islamisten, die nicht morden, aber zu einem Teil bereit sind, zu den ISIS-Islamisten überzulaufen. Muslimbrüder sind Islamisten, die von vorneherein zwei Gesichter haben: Gesichter des würdigen Muslims, der nur besonders fromm ist und das Gesicht des gewaltbereiten Islamisten. Manche zählen auch die Taliban zu den Gruppen mit den zwei gesichtern – aber soweit ich die Lage aus der Ferne beurteilen kann, ist das harmlose Gesicht nichts als ein Phantom der Amerikaner, damit sie guten Gewissens aus Afghanistan abhauen können.

Fromme sunnitische Muslime sind weder Salafisten, noch Islamisten, aber sie können ebenfalls Teil der Salafistischen Bewegung und der ISIS-Islamisten werden. Fromme Ahmadis werden weder zu den sunitischen Islamisten überlaufen, weil sie ja selbst von diesen bedroht werden. Aber nicht nur die ISIS-Islamisten morden, sondern auch die Boko-Haram-Islamisten, die palästiniensischen Islamisten, genannt Hamas, die Al-Schabab-Islamisten in Somalia usw. Sind die Hiszbollah-Leute Islamisten? Ja, aber keine ISIS-Islamisten, denn sie kämpfen ja gegen die ISIS-Islamisten. Und dann gibt es noch die unterschiedlichsten Milizionäre, so die Schiitischen Milizen, die gegen die sunnitischen ISIS-Islamisten kämpfen. Dann gibt es noch die freie syrische Armee, von der der Westen hofft, sie sei nicht islamistisch, die aber islamistische Ambitionen zeigt, wenn es darum geht, Ungläubige, also Christen, Jesiden, Alawiten usw. zu ermorden. Wir haben die Kurden vergessen. Was haben die eigentlich für eine Religion? Sie sind überwiegend sunnitisch – wie also die ISIS-Kämpfer und die Türken. Aber sie sind nicht nur sunnitisch, sondern schafiitische Sunniten. Was das sind, mag ich hier nicht darlegen: http://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C4%81fi%CA%BFiten Aber es gibt dann natürlich auch schiitische Kurden, christliche Kurden usw. usw. Und daran sehen wir aber auch, dass es nicht allein um Religion geht, sondern die Kurden wollen ihr eigenes Land – was den Osmanen, den Türken nicht besonders gut gefällt.

Noch schwerer wird es mit Blick auf die islamischen Staaten. ISIS-Islamisten morden alle, die sie nicht mögen. Aber ist Saudi Arabien ein ISIS-Islamistischer Staat? Nein, aber auch dort werden Menschen staatlich hingerichtet, die nicht so sind, wie die herrschende Gruppe es will. Oder der Iran? Ist die Führung islamistisch? Sie zeigt massiv islamistische Züge, auch wenn jetzt einer an der Macht ist, der eher den moderaten Islamisten zuzugehören scheint, aber dann doch tut, was die islamistische Führung will? Ebenso: Wie ist Pakistan einzuordnen. Einmal recht westlich orientiert, aber dann im Recht, wenn es um die Tötung von Christen und Hindus und Atheisten geht, zeigt es seine islamistische Seite, weil die Islamisten in der Gesellschaft eine große Macht haben, die Politiker wie Richter und Polizisten und Soldaten beherrscht und einschüchtert. Aber sind das Islamisten, die hier die Tötung von Nichtmuslimen fordern? Nein, nicht unbedingt, es sind auch normale fromme Muslime, die gegen Andersgläubige vorgehen, da können eben nicht nur Andersgläubige, sondern auch nicht ganz so richtig gläubige Muslime ein Klagelied singen. Und wie sieht es aus mit dem harmlosen Jordanien: Sicher sind es keine Islamisten – aber über 80% fordern die Ermordung von Muslimen, die sich dem Christentum zuwenden. Oder sind diese 80% doch Islamisten? Nein: fromme Muslime, Islamisten, fromme Muslime, Islamisten…

Da gibt es nun die gute Unterscheidung zwischen politischem Islam und unpolitischem Islam. Die ist insofern klasse, weil sie alle Islamisten samt den Milizionären, den Muslimbrüdern usw. usw. dem politischen Islam zuordnen. Denn sie haben politische Ambitionen: Sie wollen einen islamischen bzw. noch islamischeren Staat errichten als er schon ist. Die Muslime, die Konvertiten töten, gehören freilich nicht dem politischen Islam an, sondern nur dem… – weiß nicht.

Aber die Frage ist: Gibt es überhaupt unpolitischen Islam? Der Islam ist seit Mohammeds Zeiten darauf aus, Staat mit dem Islam zu vermischen. Beide Seiten gehören zusammen wie eine Münze. Das ist in alle islamischen Staaten so – nur manchmal etwas kaschiert. Wo der Islam die Mehrheit bildet, da will er auch herrschen. Es gibt keinen Staat, der mehrheitlich muslimisch ist, in dem aber die Politik mehr der weniger neutral ist. Diese Zeit ist vorbei, es war die große Zeit der sozialistischen arabischen Staaten: Assad, Sadat/Mubarak, Hussein und wie sie alle hießen. Doch das war einmal, weil all diese Leute inzwischen, bis auf Assad, gestürzt wurden und der Islam sein Antlitz zeigt. In Ägyten weiß man noch nicht so genau, wie es weitergehen wird. Tunesien hat heute abgestimmt, manche sind glücklich, dass die Wahl wohl nicht Islamisten an die Macht brachte – aber diese werden natürlich nicht aufgeben zu rumoren. Also mag es Ausnahmen geben (wie auch das schwierige Land Indonesien) – aber gibt es nichtpolitischen Islam?

Die Ahmadis sehen ihr Streben nach dem Kalifat nicht als ein politisches sondern spirituelles Streben an – aber nicht minder bestrebt, die Gesellschaft mit ihren Ansichten zu durchdringen, damit alle Ungläubigen ihre Herrschaft bzw. der Herrschaft ihres Propheten anerkennen. Aber Ahmadis sind ja überall in der Minderheit und in islamischen Staaten in der verfolgten Minderheit, von daher kann man da noch nicht so viel sagen, wie es aussehen würde, wenn sie wirklich herrschen. Aber die Ahmadis werden von den großen sunnitischen und schiitischen Strömungen nicht als Islam angesehen, von daher können sie unmöglich als repräsentativ gelten. In unserem Land vertreten sie im Grunde nur 1% der Muslime – auch wenn sie von Muslimen selbst nicht als solche angesehen werden – und haben für diese kleine Zahl eine verhältnismäßig große politische Macht, zumindest in Hessen. Hier werden sie als Muslime angesehen – und zum Teil auch als mustergültige Muslime. Aber auch hier bleibt ein großes Aber…

Und all das haben wir in unserem Land auch: Sunnitische und schiitische Muslime, Islamisten, fromme Muslime, integrierte Muslime. Wir haben Muslime, die sehr national eingestellt sind, wie die Grauen Wölfe, türkisch national und die Kurden: kurdisch national. Wir haben Salafisten, die möglicherweise von Saudi Arabien gesponsert werden und andere Gruppen, die ebenfalls von Saudi Arabien gesponsert werden und dann soll bekanntlich in München eine Moschee gebaut werden, von der man erhofft, dass sie von Katar finanziert wird, die aber dann, wie man es sich auch von saudischen Moscheen erhofft, nicht sunnitisch extrem sind, sondern dem Dialog geöffnet und zugeneigt. Haben doch beide auch die ISIS-Islamisten finanziert, bevor sie so mächtig geworden sind – und hier finanzieren sie den Dialog? Doppelsprech nennt man das oder landläufig: mit gespaltener Zunge reden.

Dann hören wir von Muslim a dass das, was b tut ist nicht muslimisch sei. Von b hören wir, dasd das, was a tut, ist nicht muslimisch. Dann tun sich sogar a und b zusammen und sagen: c ist nicht muslimisch – wobei c von fast allen Muslimen auf der Welt vertreten wird. Und dann tut sich in Extremfällen auch c mit a und b zusammen, um der erstaunten Welt mitzuteilen, dass sich zwar d immer auf den Koran, den Propheten, auf Allah usw. beruft und auch tut, was im Koran steht – aber nichts mit dem Islam zu tun habe. Und dann tun sich alle zusammen und beschimpfen die Nichtmuslime, weil sie nicht jeweils mit a oder b oder c oder d übereinstimmen. Oder sie beschimpfen nicht, sondern sind einfach nur beleidigt und fordern.

Dann haben wir auch Christen aus den unterschiedlichsten Ländern als Flüchtlinge, die wiederum von den muslimisch-islamistischen Flüchtlingen traktiert werden, denken wir an die tschetschenischen Islamisten oder Nichtislamisten, sondern nur fromme Muslime, die die Lebensweise der christlichen Familien nicht mögen. Dann haben wir viele somalische Christen unter uns, die sich auch gegen muslimische Somalier behaupten müssen – alles Kleinkämpfe, die wir normalerweise so nicht mitbekommen, weil wir sagen: Somalier – alle gleich. Nein, sind sie eben nicht. Und dann haben wir integrierte Muslime, die nicht islamistisch waren, dann aber doch auf einmal islamistisch werden, ohne oder mit der Zwischenstufe des frommen Muslims. Dann haben wir auch muslimische Flüchtlinge, die froh sind, in Sicherheit leben zu dürfen und die keine Schwierigkeit haben, mit der einheimischen Bevölkerung zusammenzuleben – und diese darf man eben nicht den extremistischen Landsleuten ins Messer laufen lassen, die sie drängen und bedrängen, sich ihrer jeweiligen Organisation anzuschließen oder sie erpressen. Und dann haben wir Muslime, die sich nicht anpassen, aber als sehr angepasst angesehen werden.

Und wenn man das so liest, dann könnte es einem ganz schwindlig werden – und manche denken in dem Schwindel: Das ist ja wie mit den Christen! Ja, ist es auch, nur mit dem kleinen, feinen Unterschied: Im Augenblick kloppen sie sich nicht – und wir müssen alles dazu tun, dass die allen Menschen zugewandte Lehre Jesu die Oberhand in der Kirche behält. Unsere Gefahr, das merken wir an der Ukraine ist, dass manchmal der Nationalismus die Religion als Waffe nimmt. Dagegen müssen wir uns allesamt massiv wehren.

Kurz: Alles so schön bunt hier. Und dann hören wir Erdogan, der sagt: Es gibt nur einen Islam. Ja, es gibt nur einen Islam. Und er hat noch ganz schön viel zu tun, damit es auch so wird. Vor allem muss er eine humane Koran Hermeneutik hinbekommen, damit die Welt nicht nur vor ihm erschrickt, sondern ihn auch gleichwertigen menschlichen Partner anerkennt. Wenn sie denn wollen. Aber ich gehe einmal davon aus, dass die meisten es wollen, weil auch sie Sehnsucht nach einem friedlichen Zusammenleben haben.

Nun mag ein atheistischer Freund sagen: Seht, so sind die Religionen! Ich kann ihm versichern: Der Atheismus ist erst seit ca. 200 Jahren im Westen wirksamer. Dennoch kann ich so etwas auch über ihn zusammenstellen. Mühelos. Vor allem auch unter dem schönen Motto: Diese Atheisten gehören nicht zu den wahren Atheisten.

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